1. Francisco de Paula del Villar
1812 – 1883
Del Villar wollte eine Kirche bauen, die dem Trend der Zeit entsprach. Sein ursprüngliches Design war inspiriert von den mittelalterlichen Kathedralen, deren Grundriss dem lateinischen Kreuz entsprach. Diese Art Kirche hatte 3 Kirchenschiffe, eine große Krypta, eine Apsis mit sieben Kapellen und einen Glockenturm über dem Portikus
Del Villar trat bereits ein Jahr nach Grundsteinlegung als Bauleiter zurück, weil es Unstimmigkeiten mit dem Bauherrn Bocabella und dessen Chefberater, dem Architekten Joan Martorell, gab. Interessanterweise ging es um die zu erwartenden Kosten für die von del Villar geplante Bauweise der Krypta. Vermutlich ahnte man damals noch nicht einmal im Ansatz, welche Kosten der folgende Entwurf von Gaudí verursachen würde…
Eigentlich sollte Joan Martorell die Bauleitung übernehmen. Der stand aber aufgrund seines fortgeschrittenen Alters nicht zur Verfügung. Er empfahl stattdessen Antoni Gaudí, damals 31 Jahre alt. Gaudí hatte bereits mit del Villar gearbeitet.
2. Antoni Gaudí
1883 – 1926
Als Gaudí die Bauleitung übernahm, waren die Arbeiten an der Krypta schon in vollem Gang. Er übernahm einen eigentlich bereits fertigen Entwurf.
Innerhalb weniger Wochen warf Gaudí den Entwurf von del Villar fast vollständig um. Statt einer Kirche entwarf er die „Bibel in Stein“. Die Sagrada Familia würde den christlichen Glauben mit all ihren Geschichten und Mysterien darstellen.
Was er nicht ändern konnte, war das bereits gelegte Fundament der Krypta. Wäre es nach Gaudí gegangen, wäre La Sagrada Família anders ausgerichtet worden, aber das ließ sich nicht mehr ändern.
In diesem Artikel soll es vor allem um die weniger bekannten Architekten der berühmten Basilika gehen. Ausführliche Info zu Gaudí unter ‚Wer war Antoni Gaudí?‘
3. Domènec Sugrañes i Gras
1878 – 1938
Domènec Sugrañes i Gras war einer der engsten Mitarbeiter Gaudís. Schon als Architekturstudent begann er für Gaudí zu arbeiten, zunächst als Zeichner. Er war unter anderem am Bau der Casa Batlló, der Casa Milà und am Bellesguard-Turm beteiligt.
Ab 1914 war Domènec Sugrañes i Gras Gaudís erster Assistent am Bau der Sagrada Família.
Unter seiner Leitung nach Gaudís Tod wurde u.a. die Geburtsfassade fertiggestellt. Außerdem war er Gaudís Testamentsvollstrecker.
Bevor er die Bauleitung übernahm, arbeitete Domènec Sugrañes i Gras auch mit anderen Architekten, z.B. an den Stierkampfarenen in Barcelona mit dem Architekten Ignasi Mas Morell (1915/16). Auerdem baute er verschiedene Villen für Privatleute. In seiner Arbeit zeigte sich Gaudís Einfluss immer wieder.
Im Gegensatz zu Antoni Gaudí konzentrierte er sich aber nicht nur auf die Sagrada Família. Domènec Sugrañes i Gras veröffentlichte mehrere Bücher und Artikel, um sein Wissen weiterzugeben und lehrte ab 1923 an der Industrial School in Barcelona.
Ab 1926 war er städtebaulicher Architekt von Mollet del Vallès und entwarf dort u.a. den städteaulichen Plan der Stadt. Ab 1930 war er Stadtbaumeister von Capellades.
4. Francesc de Paula Quintana i Vidal
1939 – 1966
Francesc de Paula Quintana war die rechte Hand von Domènec Sugrañes i Gras. Er begann direkt nach seinem Architekturstudium mit der Arbeit an der Sagrada Família. Nach dem Tod Domènecs und dem Ende des Spanischen Bürgerkriegs 1939 übernahm Francesc de Paula Quintana die Bauleitung. Er restaurierte u.a. die durch einen Brand zerstörte Krypta. Außerdem konnte er einen Großteil von Gaudís Originalmodellen finden und wieder reparieren (lassen). Tatsächlich war das nur möglich, weil Gaudí in seinen Entwürfen klaren mathematischen Prinzipien folgte. So konnten die Originalmodelle wiederhergestellt bzw. Teile, die zerstört waren, anhand dieser Prinzipien neu erstellt werden.
Unter der Leitung von Francesc de Paula Quintana wurde auch die Passionsfassade begonnen.
5. Isidre Puig i Boada & Lluís Bonet i Garí
1966 – 1983
Auch Isidre Puig i Boada arbeitete schon mit Gaudí an der Sagrada Família. In den 1950ern unterstützte er Quintana bei den Arbeiten an der Passionsfassade. Nach dem Tod Quintanas übernahm er die Bauleitung (1966 – 1974).
Lluís Bonet i Gari war einer derjenigen, die Gaudís Originalmodelle aus seinem zerstörten Studio auf der Baustelle der Sagrada Família retteten. Er verbrachte die nächsten Jahre mit deren Reparatur.
1962 kam er als Co-Baueiter zur Sagrada Família und unterstützte Isidre Puig i Boada, u.a. bei der Passionsfassade. Ab 1974 übernahm er die Bauleitung, bis gesundheitliche Probleme 1982 zu seinem Rücktritt führten.
6. Francesc de Paula Cardoner i Blanch
1983 – 1985
Francesc de Paula Cardoner i Blanch arbeitete bereits mit Puig a Boada und Bonet i Gari und übernahm 1983 die Bauleitung.
7. Jordi Bonet i Armengol
1985 – 2012
Jordi Bonet i Armengol war der Sohn von Lluís Bonet i Gari. Er verbrachte schon seine Kindheit und Jugend auf der Baustelle der Sagrada Família. Nach dem Rücktritt seines Vaters 1982 wurde ihm die Bauleitung bereits angeboten, allerdings war er damals gerade von der katalanischen Regierung zum General Director of Artistic and Cultural Heritage ernannt worden. Diese Position verlor er 1985 und übernahm dann die Stelle des Chef-Architekten der Sagrada Família.
27 Jahre leitete Jordi Bonnet den Bau der Basilika. Unter seiner Führung entstanden die Fundamente der Kirchenschiffe, Säulen, Gewölbe und Fassaden des Hauptschiffs, der Querschiffe, der Vierung und der Apsis. Die Arbeiten wurden 2010 abgeschlossen.
Bei der Weihung der Sagrada Família durch Papst Benedikt XVI im Jahr 2010 war er einer der Ehrengäste.
2012 entschied der Aufsichtsrat der Sagrada, dass des Zeit für jüngere Generationen wäre. Jordi Bonnet war da bereits 87 Jahre alt.
8. Jordi Fauli i Oller
2012 – jetzt
Jordi Faulí i Oller kam bereits als Architekturstudent in den 90ern zur Sagrada Família. Eine seiner Aufgaben war die Einführung neuer Technologien.
Seine Doktorarbeit beschäftigte sich, wie kann es anders sein, mit der Sagrada Família. Jordi Faulí war lange Jahre die rechte Hand von Jordi Bonet und übernahm die Bauleitung 2012.
Seine wichtigste Aufgabe ist der Bau der zentralen Türme: Die der 4 Evangelisten, den Turm der Jungfrau Maria und den des Jesus Christus.
Im Dezember 2021 wurde der Turm der Jungfrau Maria eingeweiht und gesegnet. Die Türme des Lukas und des Markus wurden 2022 fertiggestellt. Die Türme des Matthäus und des Johannes wurden im September 2023 vollendet und werden im November geweiht.
Die Sagrada Família soll nun hoffentlich 2026 vollends fertiggestellt sein. Jordi Faulí hat also gute Chancen, der letzte Chef-Architekt der einzigartigen Basilika zu sein.
Architektur aus zahlreichen Epochen
Durch die lange Bauzeit der Sagrada Família gibt sie heute auch Einblick in die Arbeit und die Möglichkeiten der Architekten verschiedener Zeiten. Wenn man sich die Sagrada Família heute ansieht, kurz vor ihrer finalen Vollendung, ist kaum vorstellbar, wie Gaudí dieses einzigartige Bauwerk mit den Möglichkeiten der 1880er Jahre erschaffen wollte. Heutige Architekten sind immer wieder auf der Suche nach dem richtigen Weg, Gaudís Entwürfe möglichst wahrheitsgemäß praktisch umzusetzen. Es gibt keine Blaupause für ein so außergewöhnliches Bauwerk.
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